Der Umgang mit Macht - Dr. Karin Rasmussen

WELCHE KRITIK IST BOSSING?

Guten Tag, liebe Leserin, lieber Leser!

Lieben Sie Kritik? Freuen Sie Sich über Kritik und sind Kritikern dankbar? Ehrlich?
Erzählen Sie Sich selbst auch immer wieder das Märchen von der „helfenden Kritik“, die proaktiv, konstruktiv und damit eigentlich doch ganz und gar POSITIV ist?

Warum macht Kritik trotzdem immer wieder ärgerlich?
Klar, das Wort ist zunächst meist negativ belegt, wir assoziieren mit Kritik eher Bemängelung als Lob. Die eigentliche Bedeutung des Wortes (Kritik meint „Beurteilung“ und könnte theoretisch auch positiv ausfallen) hat sich im Alltagsgebrauch verwandelt in Beanstandung oder eben negative Beurteilung, also Abwertung. Wer etwas kritisiert, möchte es „verbessern“. Wirklich?

Geht es nicht oft einfach nur darum, Dinge oder Personen negativ zu beurteilen, weil sie nicht unseren Erwartungen entsprechen und wir sie deshalb nicht in Ordnung finden? Ich glaube, Kritik drückt allzu oft einfach unsere subjektive Unzufriedenheit mit einer Situation, einem Produkt oder einer Verhaltensweise aus, unseren Frust darüber, dass etwas oder jemand nicht so ist, wie wir uns das wünschen. Wir haben ja Gründe für unsere Wünsche. Und die werden offensichtlich nicht erfüllt. Also fühlen wir uns einfach berechtigt, zu kritisieren.
Scheinbar tun Chefs das besonders gern. Ein Prozess läuft nicht reibungslos, ein Verhalten stört das Klima im Team oder eine Leistung entspricht nicht den Erwartungen – jedes Mal hagelt es Kritik! Und egal, wie freundlich und geduldig sie vorgetragen wird, wir mögen es NICHT! Seien wir doch ehrlich: Niemand wird gern kritisiert!

Nehmen wir trotzdem an, dass der Kritiker „helfen“ will, dass es die Absicht ist, mit seiner Kritik zur Verbesserung beizutragen. Was ist selbst in diesem Fall Ihre erste Reaktion? Na – hören Sie Ihre innere Stimme?
Richtig: Sie prüfen, ob die Kritik „berechtigt“ ist! Sie machen einen blitzschnellen Kompetenztest:

– Kann der/die KritikerIn überhaupt sachgerecht urteilen?
– Steht es ihm/ihr zu, ein Urteil auszusprechen?
– Kann/weiß er/sie dass wirklich besser als Du?
– Sind alle Faktoren und Umstände berücksichtigt?
– Trägt das Urteil zur Lösung bei?
– Müssen Sie Sich die Kritik „gefallen lassen“?

Natürlich könnten Sie einer Kritik kaum widersprechen oder Sich dagegen wehren, wenn alle diese Fragen unzweifelhaft mit JA beantwortet würden. Aber das werden sie ja nicht! Zunächst fühlt sich Ihr Selbstbewusstsein bei Kritik IMMER ungerecht behandelt. Denn Sie kennen ja die Unzulänglichkeiten, die den/die Kritikerin selbst auszeichnen! Sie wissen doch auch, dass niemand fehlerfrei ist. Und genau das fällt Ihnen in diesem Moment auch ein. Noch genauer: Sie erinnern Sich sogar bildlich an den Moment, in dem Sie Sich über einen Fehler genau dieser Person geärgert haben, die Sie jetzt kritisiert!
Wenn wir ehrlich sind, geben wir zu, dass Kritik uns nicht freut. Auch dann nicht, wenn wir dahinter eine gute (helfende) Absicht vermuten können. Aber wenn sie uns wenigstens ein bisschen berechtigt erscheint, akzeptieren wir sie doch. Nur berechtigt sollte sie schon sein. Alles klar, lieber Leser, liebe Leserin?

Was das mit Bossing zu tun hat? Nun, mobbende Chefs nutzen genau deshalb Kritik besonders gern als Instrument für ihren Psychoterror. Sie wissen, dass wir uns ärgern und sie wollen uns ärgern! Es ist nämlich ganz einfach, Kritik „berechtigt“ aussehen zu lassen!

Selbst wiederholte, ganz offensichtlich ungerechtfertigte Kritik geben mobbende Chefs immer noch als „helfenden Hinweis“ aus. Sie zelebrieren die immer gleichen Rituale – vom kritischen Blick und der wiederholten Ermahnung über die verschärfte Kontrolle bis hin zur direktiven „Maßnahme“, um Ihnen und anderen Ihre Unzulänglichkeiten bewusst zu machen. Egal, was Sie tun und wie gut etwas in Ihren Augen gelingt, diese Art von Chef findet immer noch etwas, was Sie besser machen könnten. Sprüche wie „wer aufhört besser zu werden, wird schlechter“ stehen fast über jeder Begegnung. Und natürlich wollen sie Sie davor bewahren, schlechter zu werden – noch schlechter, als Sie in ihren Augen ohnehin schon sind. Denn so wie Sie sind, sind Sie ja ganz offensichtlich nicht gut genug. Sie müssen dringend verbessert werden, also Sich selbst verbessern!
Puh, das klingt scheußlich ironisch. Aber mal Hand aufs Herz – kennen Sie nicht auch einige Fälle, in denen Kritik von Vorgesetzten genau so eingesetzt wird?
Logischerweise sind solche Chefs dann auch schnell dabei, Ihnen mangelnde Kritikfähigkeit zu bescheinigen, wenn Sie widersprichen oder gar anfangen, Sich gegen ungerechtfertigte Kritik zu verteidigen. Sei es, dass ein verpatzter Termin gar nicht von Ihnen verursacht wurde – Sie hätten ja mitdenken können. Ein anderer Kollege behindert Ihre Arbeit – Sie müssten eben durchsetzungsstärker sein! Ihnen fehlen wichtige Informationen – da gibt es eine Holpflicht! Sie erreichen einen wichtigen Gesprächspartner nicht – etwas mehr Vorausschau hätte das Problem gar nicht erst entstehen lassen. Mit einem Wort – Sie haben Defizite!

Diese Art Chef sieht es als ihre Aufgabe an, Ihnen Ihre Defizite bewusst zu machen. Sie müssen ständig an Ihnen arbeiten, um die hohen und ununterbrochen wachsenden Erwartungen zu erfüllen. Falls Sie dabei Hilfe benötigen, können Sie es ja sagen – aber etwas eigener Einsatz muss schon erst mal sein. Melden Sie Sich erst, wenn Sie nicht weiter kommen! Ihre „Performance“ müssen Sie schon selbst optimieren!
Seltsamerweise gehen solche Chefs nicht mit jedem so um. Das wäre auch viel zu anstrengend! Außerdem würden sie sich damit ja allgemein unbeliebt machen. Sie haben aber durchaus auch ihre Favoriten, die sie wertschätzen, loben und bevorzugen. Nicht alle in ihrem Umfeld werden von ihnen gemobbt.
Warum tun sie es dann mit einzelnen? Wie wird man zum Bossing-Opfer?
Auf diese Frage gebe ich sehr gern ausführlich Auskunft. Sie bekommen eine persönliche und vertrauliche Antwort, wenn Sie es für Sich selbst genauer wissen wollen. Nehmen Sie Kontakt mit mir auf und wir sprechen darüber. Hier nur so viel: Die Gründe und auch die Vorgehensweisen sind in jedem Fall ganz individuell von den jeweils beteiligten Personen abhängig. Aber zum Bossing gehören immer mindestens Zwei! Und mindestens Einem kann geholfen werden: Gegen Bossing können Sie Sich mit der für Sie passenden Strategie wehren.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Mut, falls Sie betroffen sind – und einen guten Freund, der Sie mit der richtigen Strategie unterstützt. Und wenn Sie mit Bossing kein Problem haben, dann bedanken Sie Sich mal bei Ihrem Chef – es hätte schlimmer kommen können!

Auf jeden Fall aber wünsche ich Ihnen einen grandiosen Sommer – und weiter viel Erfolg

Ihre Karin Rasmussen

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